Es gibt auf Erden ein paar Spezial-Exemplare. Ihnen zu begegnen, ist einfach eine gute Sache. In den letzten 3 Tagen hatte ich gleich zweimal das Vergnügen 🙂
Spezial-Exemplare 1: Im Blumenladen auf dem Land
Vorgestern waren wir bei Nachbars eingeladen. Neu-Nachbars wohlgemerkt, denn wir sind bekannter weise vor 3 Monaten umgezogen. Diese Nachbarn sind älteren Semesters, sehr nett und ein wenig zäh. Wenn ihr versteht. Aber lieb! Ich entschied mich für einen Blumenstrauß zum Einstand. Auf dem Weg vom Reitstall fuhr ich im angrenzenden Dorf an einem Blumenladen vorbei. Guter Zufall! Ich war noch nie drin gewesen, von außen sah er ein wenig seltsam aus, aber Blumen gibt es ja schließlich in jedem Blumenladen. Ich also rein spaziert und festgestellt, dass ich die Auswahl hatte zwischen vertrockneten Gartenpflanzen und Rosen. Ok, dann Rosen. Der Laden war leer, hinter einem der Stellwände kicherte es jedoch unterdrückt. Ich hüstelte ein wenig und schon kam hinter der Stellwand eine Floristin heraus. Eine kleine, runde, junge Floristin mit Kraushaar, Nickelbrille und breitem Grinsen: „Hallooo-h-ooo, halliii-halloooo“ *kicher*. Auch hinter der Stellwand kicherte es vergnügt weiter. Hm, hatte ich da 2 Jung-Floristinnen beim Kiffen erwischt? Oder Floristin+Florist beim heimlichen Stelldichein?
Ich gab meine Bestellung auf, Rosen mit bisschen grünem Volumen drumherum. Die junge Frau ging gut gelaunt mit den Rosen hinter die Verkaufstheke und begann sie zu binden. Oha! Sehr originell zu binden. Von irgendwoher unter sich nahm sie recht dicke, dicht belaubte Äste und große Farnblätter und drapierte sie um den immer größer werden Rosenstrauß. Mir kam die Vermutung, das Grünzeug stamme einfach aus dem heimischen Garten hinter dem Geschäft. Während sie also munter am Strauß arbeitete, erschien das personifizierte Kichern hinter der Stellwand. Ein ebenfalls jüngeres Exemplar, so um die 20, mit einer sehr merkwürdigen Frisur, breitem Grinsen und Bugs-Bunny-Zähnen. Bugs Bunny lümmelte sich an den Tresen und es entspann sich zwischen den beiden Frauen eine interessante Unterhaltung. Im Mittelpunkt stand so ziemlich die gesamte Dorf-Bevölkerung. Munter wurde getratscht und geklatscht, was das Zeug hielt, in breitestem Dialekt:
Bei der Hochzeit am vergangenen Wochenende habe die Braut (übrigens eine dorfbekannte Schlampe, die endlich jemanden fürs Leben gefunden hat) zwar ein schönes Brautkleid gehabt, allerdings habe ihre üppige Oberweite nur mangelhaft ins Kleid gepasst. Der Dachdecker, der wo immer mit dem weißen Kastenwagen herumfuhr, sei letztens sooo betrunken gewesen, dass er den Wagen nach der Schicht in einer falschen Garage geparkt hätte, den Schlüssel verlor und vor der Metzgerei einschlief. Bugy Bunny hat ihn nach eigenen Aussagen nach Hause geschleppt, nachdem sie seinen Schlüssel gefunden (und ihn dort vermutlich zielsicher vernascht) hat. Außerdem bekam ich zu hören, dass das Baby, das wo immer so schreit, das auf der Straße gegenüber, da wo die „du weißt schon wer“-Frau (vielsagende Blicke und mächtig hüpfende Augenbrauen bei den Mädels) auf dem Arm hat, nur so schreit, weil die Mama, eine dorfbekannte Schnapsdrossel, es so oft auf den Kopf fallen lässt. Am Ende verließ ich sichtlich amüsiert mit dem wohl ausgefallenstem und voluminösestem Rosenstrauß meines Lebens den Laden. Die Nachbarin starrte den Strauß übrigens recht irritiert an.
Spezial-Exemplare 2: Der Postbote aus der Puzsta
Postboten sind oft recht originelle Persönlichkeiten. Unser neuer Postbote, ein kleiner, dunkler, recht haariger Bursche steht dem in nichts nach. Er ist sehr kommunikativ. So wissen wir zum Beispiel schon, dass er Schafe züchtet, gerne Rotwein trinkt und dies und das. Gestern erwischte er mich in der Einfahrt, als ich gerade nach Hause kam. „Sind Sie Ungarin?“ fragte er mich verschwörerisch. Nach einem kurzen Austausch klärte sich, dass er ja kürzlich einen Brief aus Ungarn bei uns abgab und daraus schloss, ich müsse Ungarin sein. Tatsächlich bin ich halbe Ungarin, halbe Tschechin. Eine Nachricht, die ihn überaus freute, da auch er Unmengen ungarischen Blutes in sich hat. Ich erfuhr gestern Einiges über seine Kindheit, an die er selbst sich nur noch dunkel erinnert. Aber er wisse, er habe irgendwo dort oben an der „Muldau“, oder wie der Fluss da heißt, gelebt und dass er dort mal was Schlimmes erlebt hat und zwar so schlimm, dass er sich eingeschissen hat. Die Scheiße lief ihm grad so die Beine runterlief. Und wir seien ja fast verwandt und müssten demnächst mal einen Karton Wein zusammen trinken.
Ja, am Besten im Blumenladen. Klingt nach einem guten Plan 😉