Unser Ziel des 6. und letzten Reittages war der Atlantik. Als wir an diesem Morgen unter stahlblauem Himmel und strahlender Sonne unsere Pferde von der Weide holten, war die Stimmung natürlich auf dem Höhepunkt. Atlantik und dann noch bei Sonnenschein und sage und schreibe 27 Grad! Der Vormittag belohnte uns mit einem Ritt vorbei an endlosen Pferdeweiden mit glücklichen Pferden, mit denen man jederzeit hätte tauschen wollen.
Unsere Mittagsrast verbrachten wir im Schatten und sammelten Kräfte, da ein langer Anstieg vor uns lag, in dessen Verlauf wir unsere Pferde führen würden. Der Weg war zu steinig und uneben zum Reiten. Und das heißt schon was, wenn man sich vor Augen führt, wie trittsicher die irischen Pferde sind. Chaddagh trottete zufrieden hinter mir her und nutze jede Gelegenheit, bei der ich schnaufend stehend blieb, zum Grasen. Ich sag nur, wer sein Pferd liebt, führt 😉
Und dann waren wir oben. Also nicht nur oben, sondern ganz oben, mit Atlantik! Blauschimmernd wie Seide erstreckte er sich weit unten unter dem schönsten Wetter, das man sich vorstellen kann, bis zum Horizont. Atemberaubend. Zur einen Seite sah man die Bucht von Connemara, zur anderen, weit in der Ferne, die Cliffs of Moher. Dazwischen grüne Wiesen und Felder, die sanft bis zum Meer abfielen. Es gibt Schönheit, die weh tut. Kennt ihr doch sicher auch! Man sieht etwas, dass in seiner einzigartigen Schönheit so überwältigend ist, dass man denkt: „Viel Schöneres kann im Leben nicht mehr kommen. Wenn ich jetzt sterben würde, wärs auch gut!“ Tatsächlich kullerten mir die Tränen über die Wangen, während ich jeden Blick in mich aufsog und ihn tief, tief speicherte, in meiner privaten Schatzkammer. Jetzt, wenn ich mir die Bilder erneut anschaue, ist es sofort wieder da, das Gefühl.
Das Blöde an wunderschönen Dingen ist, dass sie irgendwann zu Ende gehen. So wie dieser Wanderritt. Wir sausten in einem letzten Galopp dahin, den Atlantik im Blick, Glück und Abschiedsschmerz im Herzen und nahmen Abschied. Von einem unvergleichlichen Erlebnis in einem wunderbaren Land, von Pferden, die uns gelassen, zuverlässig und schnell wie der Wind durch unvergessliche Landschaften getragen und die jetzt einen Platz in unseren Herzen haben und von einem Menschenschlag, der so bodenständig, freundlich und lustig ist, dass man sicher wiederkommen will. Good-Bye Irland!