Jede schöne Reise hat irgendwann ein Ende, leider auch unsere Südindienreise. Uns blieben noch 1 Tag in Munnar und 1 Tag in Fort Kochi, bevor uns Air India wieder in heimische Gefilde bringen würde. Unseren letzten Tag im immergrünen Munnar, der Teeregion Keralas, genossen wir in vollen Zügen. Stanley, unser Fahrer, den wir für 3 Tage gebucht hatten, gab sich alle Mühe, uns die schönen Ecken Munnars nahezubringen. Nach einer ausführlichen Sichtung der schier endlosen Teeplantagen, die mich mit ihren grün glänzenden Teebüschen und den bunten Teepflückerinnen und Teepflückern an längst vergangene Zeiten erinnerten, fuhren wir zur Mittagspause ins Städtchen Munnar.
Munnar, das in unserem Reiseführer als nicht sehenswerter Ort beschrieben wurde, überraschte uns in seiner bunten Vielfalt und dem quirligen, fröhlichen Straßenleben. Von wegen nicht sehenswert! Wir tauchten ins Gassengewühl ein und speisten anschließend in einem wunderbaren indischen Restaurant, das uns Stanley empfohlen hatte, da es nicht touristisch, sondern typisch indisch war. Drinnen Jubel Trubel und vergnügte Inder, die indische Currys mit der Hand von Bananenblättern aßen. Wenn Inder das machen, sieht das sehr kultiviert aus, ungeübte Europäer sollten das besser lassen. Zumindest dachte ich das beim Anblick zweier spacker Australier, denen das Essen zwischen den Fingern das Kinn hinunter aufs T-Shirt lief 😉 Munnar war an diesem Tag besonders geschäftig, da sich die Stadt auf ein großes, am nächsten Tag stattfindendes religiöses Tempelfest vorbereitete, das wir leider verpassten, da wir am nächsten Tag nach Kochi zurückfuhren.
Stanley hatte noch eine Überraschung für uns parat, the world famous teamuseum. Meine Befürchtung, es könne langweilig sein, zerschlug sich, sobald wir vor dem Museum ankamen. Kann in Indien überhaupt etwas langweilig sein? Kaum stiegen wir aus dem Auto, kam uns eine Gruppe Schulkinder entgegen – es war Wandertag. Die bunte Horde lachender Mädchen und Jungen, die mich sogleich wie eine zwitschernde Vogelschar umringte, wollte genau wissen, wo ich herkomme und wie ich heiße. Und wollte vor allem eins: picture please! Nichts lieber als das, wenn man so freundlich gefragt wird.
Das Museum selbst war viel spannender, als ich vermutete. Historische Aufnahmen und Beschriftungen ließen einen schnell in die „alten“ Kolonialzeiten eintauchen und im Rundgang durch das Museum einen Brückenschlag in die Moderne tun. Wir amüsierten uns im Geheimen über einen Dokumentarfilm, der in kraftvollen Bildern zunächst die Kolonialzeit glorifizierte und nahtlos in eine heroische Darstellung des sozialistischen Kerala überging, in dem es vor glücklichen Teepflücker-Kollektiven nur so strotzte. Köstlich. Außerdem hatten wir Manni, einen Mitarbeiter des Museums, der uns unter seine Fittiche nahm und uns in einer privaten Führung en detail erläuterte, wie das denn nun ganz genau funktioniert, mit dem Tee. So nämlich:
Nach diesem ereignisreichen Tag lieferte uns Stanley in unserem homestay ab, wo wir von unseren lieben Gasteltern schon mit einem wohlmundendem Abendessen erwartet wurden. Wir unterhielten uns an diesem Abend noch lange mit ihnen. Erfuhren, dass sie 2 Kinder hatten, die beide im Ausland lebten, die Tochter in Australien, der Sohn in Malaysia und, dass sie alle 2 Jahre die Kinder besuchen fuhren. Auch erzählten sie uns, in Kerala sei es Sitte, die Kinder ins Ausland zu schicken, zum Studieren, zum Arbeiten und Geld verdienen. Diese Gespräche hatten wir in Kerala öfters, auch mit jüngeren Menschen, die auf unsere Frage, in welchem Teil Keralas sie lebten, antworteten: New York, Sidney, Kuala Lumpur, usw. Ein junges, aus Kerala stammendes und in New York lebendes, Paar, neben dem ich auf dem Heimflug im Flieger saß, erzählte mir folgendes: Kerala ist berühmt für seine ausgezeichnete Ausbildung. Viele verbringen einen Teil des Studiums im Ausland. Noch haben wir in Indien aber das Problem, dass die Wirtschaft nicht so stabil ist, um all diese hoch qualifizierten Fachkräfte adäquat zu beschäftigen. Also gehen wir ins Ausland und arbeiten in der ganzen Welt. Wir machen es so wie unsere Großväter und Väter! Wir verdienen viel Geld und investieren es in Kerala, in Schulen, Krankenhäuser, wir bauen uns ein schönes Haus, und irgendwann kommen wir zurück, in unsere schönes Kerala. Und eines Tages, in nicht mehr allzuweit entfernter Zeit, wird Indien stark genug sein. Dann bleiben wir.“
So unterhielten wir uns über unsere Leben, über Europa, USA, Asien, und ich musste einmal mehr meine europäische Sichtweise gerade rücken. Schaut man vom dynamisch sich entwickelnden Indien, in dem so viele Kräfte nach vorwärts und nach oben drängen, dass diese Energie allgegenwärtig zu spüren ist, wie ein Stromimpuls, der durch dieses riesige Land fließt, nach Europa, dann wirkt Europa plötzlich nicht mehr so bedeutend. Und mein Eindruck, dass unser Europa angesicht der geballten Power aus Asien längerfristig ins Hintertreffen geraten könnte, war am Ende unserer Reise sehr ausgeprägt.
„I have the feeling, one day, India will be much more powerful than Europe. I think, that the relation of power and economical strength will shift from Europe to Asia, what do you think?“ fragte ich meinen Sitznachbar im Flieger. „Well, madame, of course. This is the natural circle of life.“ Entspanntes, wissendes Kopfwackeln. Indien.
Liebe Leser, das war der letzte Teil meines Kerala-Berichts, den ich gerade, im kalten Deutschland, am Kamin sitzend geschrieben habe. Ich hoffe, es hat euch gefallen und ein wenig den Blick geschärft auf ein Land, das wunderbar aufregend, vielseitig, mit großen Schattenseiten auf der einen und faszinierender Schönheit auf der anderen Seite, ist. Wir werden sicher wieder hinfahren. Und vielleicht, nach dieser Lektüre, die oder der eine oder andere von euch auch, wer weiß 🙂 Meine nächste Reise ist schon eingetütet, Mitte Februar geht es für 2 Wochen nach Südafrika. Und bis dahin melde ich mich hier ab und an mit Abenteuern aus meinem heimischen Leben. Macht es gut, bis bald, eure Katerwolf
Ja, dass Indien rasant im Aufschwung begriffen ist, sehe ich tagtäglich im Münchner Stadtschloss, meinem Arbeitsplatz seit nunmehr einem dreiviertel Jahr. Die Zahl der Besucher/innen aus dem Subkontinent steigt beachtlich und stetig an…
Ein herzliches Dankeschön für deine wundervollen Reiseberichte, ich habe jede Folge davon genossen, und in deinen Texten und Bildern geschwelgt.
♥liche Grüße!
Danke dir, du Liebe ♥
Vielen Dank für die Einblicke und tollen Bilder.
lg sue
Gerne, liebe Sue 🙂 So konnte ich ja auch nochmal ein bisschen reisen 🙂
Vielen Dank und ja ich habe den Reisebericht sehr genossen und habe eine Reise nach Südindien ganz oben auf meiner Reisewunschliste. Würdest Du mir verraten, bei wem Du diese Reise gebucht hast?
Liebe Grüsse
Anita
Liebe Anita, es ist schon wieder so lange her…dass ich vergessen habe, ob ich dir bereits per mail geantwortet habe oder nicht? LG, Katerwolf
Mal wieder ein toller Bericht.
Aber wie geht es dir?
Mach mir Sorgen.
So lange schon wieder Pause.
deine Bärbel
Liebe Katerwolf, geht es Dir gut? Hier ist’s schon so lange still… Ich mach mir Sorgen um Dich!
Weiß jemand was von Frau Katerwolf? Schaue immer mal wieder auf diese Seite und bin ziemlich beunruhigt….Vielleicht ist sie auch auf ein anderes Blog umgezogen? Aber sicher hätte sie uns was gesagt.
Also, ich hoffe und grüße!!!!!
Anne
Hallo, meine lieben treuen Seelen,
alles gut, still alive and kickin‘
Muss mal wieder was schreiben hier, gell?
Dicken Kuss, Katerwolf
Man, Katerwolf,
mach doch nicht sowas….Dich soooooooooooooooooooooooooooo ewig nicht zu melden.
Ich bin bald kaputt gegangen vor Sorge um Dich!
Und ich bin sicher die anderen Leser hier auch.
Liebe Grüße,
Jule
Oh. Schön! Da bin ich aber echt froh, dass Frau Katerwolf putzmunter und wohlig schnurrend ist !
Freue mich und grüße Pfötchen winkend zurück!
Anne
Ihr seid unfassbar lieb, bin total gerührt :-)))))
Ich melde mich bald, versprochen!
Eure Katerwolf
Du Nuss du…..uns einfach zu vergessen…ich starte mal einen Erpressungsversuch: wenn du wieder dchreibst, erzähl ich dir zwei tolle Neuigleiten aus meinem Leben! Neugierig?????
Liebe Grüsse und eine Umarmung Brigitte
Und wie neugierig ich bin! Ich bin gerade in bella Italia und teste, wie viel Pasta in mich reinpasst :-)))))